Geschichte

Geschichte

„ ... in unserem schönen Kranichstein ...“, schrieb Prinzessin Alice von Großbritannien 1865 als Ausdruck ihres Wohlbefindens in der neuen hessendarmstädtischen Heimat. Ähnlich empfinden heute viele Besuchende des Jagdschlosses bei einem Spaziergang durch den landschaftlichen Schlosspark, einem Besuch im bioversum oder MUSEUM Jagdschloss Kranichstein oder einer Ruhepause auf der Caféterrasse des barocken Kavaliersbaus.

Jagdschloss

Das um 1580 erbaute Jagdschloss Kranichstein mit seinem idyllischen Schlosspark liegt innerhalb einer malerisch gestalteten Jagdlandschaft mit Wäldern, Wiesen und Teichen. Kunstvoll angelegte Sichtschneisen, Jagdhäuser, Saufanghäuschen sowie Flur- und Naturdenkmäler dokumentieren 400 Jahre fürstliches Jagdvergnügen und Repräsentationsbedürfnis der Landgrafen und Großherzöge von Hessen-Darmstadt.

Die Anfänge als Wirtschaftgut

Die dreiflügelige Renaissanceanlage ist unter Landgraf Georg I. von Hessen-Darmstadt (1547-1596) aus einem Hofgut entstanden, das um 1580 von dessen Baumeister Jakob Kesselhuth zu einem Jagdschloss ausgebaut wurde. In dieser Zeit entstand auch der erste Wildpark für jagdliche Zwecke.

Nach den Wirren und Zerstörungen des dreißigjährigen Krieges widmete sich Landgräfin Sophie-Eleonore, die Ehefrau Georg II., der Instandsetzung von Kranichstein. Als passionierte Jägerin schätzte sie es, in Kranichstein zu wohnen, ihre Fasanerie zu hegen und „naus in walt“ zu ziehen.

Die große Zeit der Jagd

Die Blütezeit Kranichsteins begann gegen Ende des 17. Jahrhunderts mit Landgraf Ernst Ludwig (1667 – 1739), der die französische Parforcejagd einführte, für die sich die Umgebung Darmstadts gut eignete. Die Zeugnisse dieser barocken Jagdform machen heute einen wesentlichen Teil der Museumssammlung aus. Ludwig VIII. (1691 – 1768), der sog. „Jagdlandgraf“ verlegte aus weidmännischer Passion seine Hauptresidenz nach Kranichstein und nahm hier einige Bauveränderungen vor, so den Anbau des Rondells an der Parkseite als Zentrum eines barocken Schneisensterns.

Unter der Regierungszeit seines Sohnes Landgraf Ludwig IX.  ging die Epoche barocken Jagdvergnügens zu Ende. Die Parforcejagd wurde abgeschafft.

Die Zeit als Sommerresidenz

1790 folgte Ludwig X. als Landgraf, später Großherzog. Er gestaltete das Jagdschloss zu seiner bevorzugten Sommerresidenz um, wofür er den bewährten Hofbaumeister Georg Moller heranzog. Auch seine Nachfolger pflegten das Schloss nicht mehr zur höfischen Jagdlust zu nutzen, sondern erhielten sich hier einen naturnahen privaten Sommeraufenthalt.

Großherzog Ludwig III. ließ die Schlossarchitektur im Sinne historistischer Neorenaissance verändern, wie sie heute noch erhalten ist.  Der kinderlose Großherzog hatte das Schloss 1862 seinem Neffen und Nachfolger Ludwig IV. überlassen. Nach dessen Hochzeit mit Alice von Großbritannien, einer Tochter Queen Victorias, nahm das Paar einige Jahre seine Sommerwohnung in Kranichstein. Das Jagdschloss wurde auch später noch als Sommeraufenthalt genutzt und erlebte zahlreiche Besuche aus dem britischen Königshaus, insbesondere von Queen Victoria.

Museum Jagdschloss Kranichstein

1917 ließ Großherzog von Ernst Ludwig durch seinen Großmarschall Cuno Graf von Hardenberg das Museum Jagdschloss Kranichstein mit der jagdhistorischen Sammlung seines Hauses einrichten. Ab 1939, bedingt durch die Kriegsereignisse, führte man die Gebäude vorübergehend einer sozialen Nutzung und Ausbildungszwecken zu, bis die Stiftung Hessischer Jägerhof das Schloss 1952 von Ludwig Prinz von Hessen und bei Rhein übernahm und kurz darauf das Museum wieder aufleben ließ.

Im Jahr 1988 machten wesentliche Baumängel die aufwendige Restaurierung des gesamten Jagdschlosses notwendig. Nach zehnjähriger umfassender Sanierung mit finanzieller Unterstützung durch das Land Hessen und die Stadt Darmstadt konnte das Jagdschloss ab 1998 wieder durch die Öffentlichkeit genutzt werden.

Heute

Heute beherbergt Jagdschloss Kranichstein zwei Museen und ein Hotel. Beide Museen thematisieren die Nutzung des Waldes durch den Menschen. Mit dem Schwerpunkt Jagd gehört das MUSEUM Jagdschloss Kranichstein mit zu den bedeutendsten Jagdmuseen Europas. Es liegt zusammen mit dem Mitmachmuseum bioversum Jagdschloss Kranichstein und seinem Bezug zur Artenvielfalt genau am Puls der Zeit.

Zeughaus

Im Südosten der Schlossanlage steht das imposante 112 Meter lange Jagdzeughaus mit dem vorgelagerten Oberhofjägermeisterhaus. In seiner Erstfassung von 70 Metern Länge wurde es durch Landgraf Ernst-Ludwig ab 1688 erbaut, die für das Eingestellte Jagen erforderlichen Jagdutensilien wie Lappen, Netze und Leinwände unterzubringen. Das zunächst einstöckige Jagdzeughaus erfuhr 1741 eine Verlängerung auf seine heutigen 112 Meter, wurde aufgestockt und mit dem charakteristischen Mansarddach versehen. Möglicherweise standen diese Umbauten bereits im Zusammenhang mit der militärischen Nutzung des Gebäudes, von der spätestens seit Mitte des 18. Jahrhunderts neben der Nutzung als Jagdzeughaus auszugehen ist. Ein dritter Umbau veränderte 1791 die innere Raumstruktur für die kurzfristige Unterbringung eines Reiterregiments.

1958 wurde das vom Abriss bedrohte Gebäude durch die Stiftung Hessischer Jägerhof erworben, um es zu sanieren und zu erhalten. Es diente über Jahrzehnte als Jagdschule des Landesjagdverbandes Hessen sowie als Fundus des Museums Jagdschloss Kranichstein. Von 2003 bis 2007 wurde das Gebäude mit Mitteln des Landes Hessen, der Stadt Darmstadt sowie der Stiftung Hessischer Jägerhof umfassend saniert und für eine Landesjagdschule des Landesjagdverbandes mit Übernachtungsmöglichkeiten und gastronomischen Angebot hergerichtet. Am 28. September 2008 wurde hier auf 500 qm Fläche das bioversum Kranichstein – Museum biologischer Vielfalt eröffnet.

Schlosskapelle

Bereits im 16. Jahrhundert wurde unter Landgraf Georg I. die Kapelle als Teil von Jagdschloss Kranichstein von Baumeister Kesselhut eingerichtet. Die Innenarchitektur des Raumes wird von den beiden hölzernen Emporen bestimmt sowie einer dekorativen Stuckdecke mit Voluten-Akanthus-Rahmungen.

Von einer geräumigen Empore – der früheren Fürstenloge – fällt der Blick durch verbleite Butzenscheiben auf Altar und Kanzel. Bei gleichzeitiger Nutzung als Pfarrkirche und Hofkapelle konnte sich die fürstliche Gesellschaft so während der Andacht räumlich von den niederen Ständen absetzen. Die reformatorische Nüchternheit des Raumes kontrastiert mit dem imposanten Altarbild einer Kreuzigungsszene aus dem 17. Jahrhundert und dem farbenfrohen Bilderzyklus auf den Emporenbrüstungen mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.

Neben der Kanzel schmücken drei Gemälde die Längswand der Kapelle. Zwei Portraits der Darmstädter Stadtpfarrer Philipp Georg Albrecht Walter (1694-1773) und Johann Conrad Lichtenberg (1689 – 1751) sind einem Bild des Schutzpatrons der Jäger, dem Heiligen Hubertus bzw. Eustachius, gegenübergestellt. Johann Tobias Sonntag verarbeitete in diesem Gemälde einen weitverbreiteten Kupferstich von Albrecht Dürer, die Bekehrung des hl. Eustachius beim Anblick des Hirschen mit dem Kruzifix.

Schlosspark

Zur Jagd auf exotisches Federwild in freier Wildbahn ließ Landgraf Ernst Ludwig eine „wilde“ Fasanerie anlegen, die noch heute als ummauertes Waldstück erhalten ist. Eine „zahme“ Fasanerie zur Aufzucht der edlen Vögel lag bis 1830 unmittelbar am Jagdschloss. An dieser Stelle entstand im 19. Jahrhundert ein englischer Landschaftsgarten als Teil der großherzoglichen Sommerresidenz Kranichstein, der noch heute zum Lustwandeln einlädt.

Backhausteich

Der Backhausteich, im Sommer mit Seerosen bewachsen, wurde im 16. Jahrhundert von Landgraf Georg I. als Wirtschaftsgewässer zur Fischzucht angelegt, wurde jedoch später als Landschaftselement umgestaltet und dient heute mit den umliegenden Wanderwegen als Naherholungsgebiet. Der Teich wird von Erdkröten als Laichgewässer benutzt. Zahlreiche Wasservögel, wie Stockenten, Graugänse, Kanadagänse, Nilgänse, Bleßhühner, Kormorane, Graureiher und Silberreiher nutzen den Teich während der Brutzeit bzw. zur Nahrungssuche.